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DORMAGO

Heryschek: „Weniger Geld in der Tasche“

13.02.2017 / 16:07 Uhr — Dormago

Dormagen. Die Ratssitzung an diesem Dienstag ist die zunächst letzte für den diplomierten Verwaltungswirt André Heryschek. Der frühere Partei- und Fraktionsvorsitzende der Dormagener CDU, der sich auch große Hoffnungen auf die Landtagskandidatur gemacht hatte, verlässt den Stadtrat, dem er seit 2009 angehörte. Der 32-Jährige behält weiter seinen Beamtenstatus und wechselt vom Bundesverwaltungsamt in die neue Dormagener Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (SWD). Für ihn wird Sabine Prosch in den Rat nachrücken. Ob Heryschek sich eines Tages wieder politisch engagieren will, lässt er offen: "Nach zwölf Jahren kommunalpolitischem Ehrenamt ist das Feuer erst einmal aus." Im Interview mit Dormago nimmt er auch Stellung zu den Inhalten seiner neuen Tätigkeit und zum Vorwurf der Klüngelei bei der Besetzung der Stelle.

"Mit Klüngelei wäre ich nun Geschäftsführer oder Marketingleiter"

Herr Heryschek, es ist kein Geheimnis, dass Sie Interesse an einer leitenden Funktion in der neuen Dormagener Wirtschaftsförderungsgesellschaft gezeigt haben. Nun erhalten Sie eine Beschäftigung eher in der zweiten Reihe der SWD. Warum verlassen Sie gleichwohl Ihre bisherige Tätigkeit beim Bundesverwaltungsamt in Köln und in der Konsequenz auch den Rat der Stadt?

André Heryschek: "Ich habe diesen Weg gewählt, um wieder in Dormagen arbeiten und für meine Familie da sein zu können. Mit meiner bisherigen Tätigkeit waren viele Dienstreisen im gesamten Bundesgebiet verbunden, sodass ich teilweise ganze Wochen von zuhause weg war. Auch das Pendeln nach Köln oder Termine im näheren Umland, beispielsweise in Bonn, konnten sehr zeitaufwendig und nervenaufreibend sein. Ich habe mich in diesem Kontext auch bewusst für eine Politikpause entschieden, um Kraft zu tanken. Nach zwölf Jahren kommunalpolitischem Ehrenamt - davon zehn Jahre in verantwortlicher Position - ist das Feuer erst einmal aus. Statt den Sitz im Stadtrat der Funktion willen besetzt zu halten, ermögliche ich meiner Nachrückerin für Dormagen zu brennen und etwas zu bewegen. Mein Leitsatz war immer: Inhalt und Engagement vor Position oder Status."

Können Sie mit einigen Sätzen den Inhalt Ihrer Tätigkeit bei der SWD beschreiben und vielleicht schon andeuten, wie Sie Ihre Tätigkeit beginnen werden?
"Bei der SWD werde ich auch weiterhin für eine attraktive Stadtgemeinschaft arbeiten, nur künftig hauptberuflich statt ehrenamtlich. Aus meiner politischen Arbeit sind mir viele Problemstellungen, aber vor allen Dingen auch viele lokale und überregionale Ansprechpartner aus der Unternehmerschaft, den zuständigen Stellen der Behördenlandschaft oder den Kammern und Vereinigungen bestens vertraut. Gerade wenn es darum geht, Bedarfe der Unternehmen mithilfe von Fördermitteln aus Land, Bund und der EU zu decken, dadurch Menschen in Lohn und Brot zu bringen oder Projekte anzuschieben, werde ich hiervon profitieren können. Die ersten Schritte werden eine Auswertung der Unternehmensbedarfe sowie eine Ist-Analyse der Leistungen der künftigen Kooperationspartner sein. Hierzu zähle ich beispielsweise den Rhein-Kreis Neuss, die IHK sowie die Kreishandwerkerschaft."

In der Öffentlichkeit wird Kritik daran laut, dass Stellen ohne Ausschreibung von der SWD besetzt wurden. Können Sie diese Kritik nachvollziehen? Immerhin hatten potenzielle Interessenten insofern keine Möglichkeit, sich zu bewerben.
"Das Einzige, was ich als Bewerber tun konnte, war mich auf die Stelle des Leiters Stadtmarketing zu bewerben. Einerseits finde ich es natürlich schade, dass meine Bewerbung auf diese Stelle nicht erfolgreich war, andererseits freue ich mich sehr auf die neue Herausforderung. Und eins ist auch sicher: Wenn mein Engagement bei der SWD politisch ausgeklüngelt worden wäre, wäre ich nun Geschäftsführer oder eben der Leiter des Stadtmarketings. Diese Zeiten sind vorbei und das ist auch gut so. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit den neuen Kollegen und bin mir sicher, dass wir zusammen viel für Dormagen erreichen können."

Gibt es bei der SWD eine Probezeit? Und wenn ja, wie lange ist sie? Wäre die Beendigung des Beamtenstatus ein zu hohes Risiko für Sie gewesen oder was sind die Gründe für die Beibehaltung?
"Das Beschäftigungsverhältnis ist nach den gängigen Vorschriften des öffentlichen Dienstes geregelt. Das Einzige, was ich dazu sagen möchte ist, dass ich durch die berufliche Neuorientierung und die Niederlegung des Ratsmandats weniger Geld in der Tasche habe als vorher. Von Bereicherung, wie einige wenige Stimmen kolportieren, kann also keine Rede sein."

Wie würde Ihre berufliche Zukunft aussehen, wenn es aus welchen Gründen auch immer keine Basis mehr für eine Zusammenarbeit bei der SWD geben würde? Müsste die Stadt Sie eventuell übernehmen oder würden Sie wieder zum Bundesverwaltungsamt gehen?
"Wenn man mit solchen Hintergedanken in ein neues Beschäftigungsverhältnis geht, sollte man es lieber gleich sein lassen. Das gilt für Arbeitnehmer wie für Arbeitgeber."

Haben Sie vor, eines Tages wieder in die Politik einzusteigen?
"Diese Frage kann ich heute nicht beantworten. Für den Moment habe ich mich für eine Politikpause entschieden. In der Vergangenheit habe ich im politischen Raum keine kontroverse Diskussion gescheut, auch nicht in den eigenen Reihen. Ich habe stets versucht, nach sachlichen Kriterien zu handeln, auch in schwierigen Situationen die richtige Entscheidung zu treffen und dabei verbindlich und authentisch zu bleiben. Bei zwei unterschiedlichen Meinungen gibt es entweder einen Konsens oder aber eine Meinung bleibt auf der Strecke. Ich habe es meistens sportlich gesehen, wenn ich meine Meinung nicht durchsetzen konnte, andere scheinen darüber jedoch auch noch nach mehreren Jahren verärgert zu sein. Das finde ich persönlich sehr schade! Das müsste sich erkennbar geändert haben."

Rückblickend gesehen, was war für Sie persönlich das wichtigste Ereignis in Ihrer Zeit als Ratsmitglied?
"Gemeinsam mit meinen politischen und ehrenamtlichen Mitstreitern, denen ich an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön sagen möchte, konnten wir viele Punkte umsetzen: Als größte Erfolge möchte ich exemplarisch den moderaten Wachstumskurs der Stadt Dormagen, den Erhalt der Vielfalt unserer weiterführenden Schulen sowie der Grundschulstandorte, den fortschreitenden Breitbandausbau, die Ertüchtigung unserer Sportanlagen, die Stärkung der Freiwilligen Feuerwehr und die Verhinderung der Grundsteuer B-Erhöhung für das vergangene Jahr nennen. Aber auch das gerechte Verteilen von Flüchtlingen über die Stadtteil statt eines Neubaus einer zentralen Unterbringungseinrichtung am Wahler Berg gehört zu den Erfolgen, für die es sich zu kämpfen gelohnt hat. Unter anderem für diese Ziele habe ich mich mit hohem Zeitaufwand und meinen Überzeugungen folgend eingesetzt. Der richtige Weg war dabei nicht immer der einfachste."

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Fotoquelle: Dormago Archiv

Pressefotos
André Heryschek mit Ursula von der Leyen und Hermann Gröhe
André Heryschek mit Ursula von der Leyen und Hermann Gröhe